Montag, 7. August 2017

Was einst von "Twilight of Darkness" hängen blieb

Wenn ich in meinen Notizen ein vor längerer Zeit gespieltes Spiel finde, zu dem eine analytische Reaktion gewünscht wurde UND das Spiel mittlerweile anders aussieht als damals - und ich nicht die Zeit oder Muse habe die neue Version zu spielen - scheint es eher unnütz sich noch zum Spiel zu äußern. Andererseits könnten noch immer Wahrheiten in der Kritik stecken oder sie könnte anderweitig helfen; wenn auch nicht nur dem Entwickler.
Deswegen ziehe ich mir nun ein Arsenal an scheinbar fertigen kritischen Notizen aus der Tasche und schaue wo uns das hinführen wird. Und hoffen wir, dass auch meine Erinnerung mitspielt.

Worum ging es eigentlich?


ToD (was für ein Akronym) ist natürlich wieder ein RPG Maker Spiel, das einige Offenheiten in der  Klassenauswahl und Skillset besitzt, was sich wiederum auf die Interaktionen mit der Umwelt auswirkt und wie Quests angegangen werden können. Somit können Quests und eventuell auch die Geschichte auf mehrere Arten gelöst werden - bis potentiell überhaupt nicht. Optionale Grundfähigkeiten wie Empathie, Kochen oder Klettern sollten dazu einladen zu experimentieren oder ToD mehrfach zu spielen.

Das tat es zum damaligen Zeitpunkt allerdings nicht, da die knapp einstündige Einleitung keinerlei Interesse weckte, sondern vielmehr furchtbar abschreckend war. Und auch wo sich das Spiel endlich öffnete, waren diverse Elemente nicht gut verpackt. Während wenige Andere besonders gut gelangen.

Prinzipiell sorgte der Anfang dafür, dass kein Interesse mehr in die Handlung geweckt werden konnte. ToD war bereits zu nervig. Es wurde nicht weit gespielt.

(1) Zu viele ausufernde Tutorials & Erklärungen


Wenn ein Spieler im Allgemeinen ein Spiel startet, beginnt er in der Regel mit einem Wissensschatz von Null, jedoch mit mentaler Offenheit dem Inhalt gegenüber, welchen er langsam verstehen muss. Das erlaubt dem Entwickler ein Spiel eher langsam zu beginnen und Inhalte langsam näherzubringen.
In einem Jump & Run wäre das Level so designt, dass man erst einmal grundlegende Bewegungen lernt, bevor sich die Komplexität allmählich erhöht. Auch in einem RPG sollte das so sein.

ToD erschlug einen jedoch direkt von Anfang an mit Informationen, über Rassen, Klassen und deren Beziehungen zueinander. Der Eindruck wurde erweckt, die komplette Worldbuilding-Datenbank würde hier (am Anfang des Spiels) niedergeschrieben sein. Solche Datenbomben gehören nicht ins Spiel, sondern sollten eher dem Entwickler helfen eine glaubwürdige Welt zu gestalten.
Hinter Ortsnamen und Begriffen steckte zwar ein Gedanke, aber es wurden so viele auf einmal in der Erzählung präsentiert, dass dies zum Informations-Overflow führte. Ich kommentierte das Live mit "Und du hast mich verloren", denn ich konnte der Geschichte nicht mehr folgen.

Überall flogen Tutorials durch die Gegend, die in einem unnötig gigantischen Maße ausgeführt wurden, die zum Zeitpunkt der Erklärung sowohl irrelevant als auch verwirrend waren. Berge an Informationen! Ein Mensch kann nicht so viele Informationen verarbeiten, wie hier gefordert. Und er kann sie sich noch schlechter merken, wenn er bislang noch keinen Bezug zum Spiel hat und diese Infos überhaupt nicht einordnen kann. Erklärungen sollten erst fallen, wenn sie relevant sind.

Dazu gehört auch die Skillauswahl zu Anfang selbst. Zu jeder Fähigkeit (zB Empathie, Kochen) gab es Erklärungen und Beispiele, was prinzipiell keine schlechte Idee ist, aber noch sehr viel besser mitten im Spiel, wesentlich natürlicher platziert werden sollte.

Ein gutes Beispiel lieferte ToD auch selbst, als im eigentlich Spiel die Fähigkeit "Klettern" fehlte, aber dafür der Sidekick die Quests mit seinem Gekletter löste. Es wurde wunderbar natürlich demonstriert, was WÄRE, wenn wir in diesen Skill investiert hätten.

In dem Sinne wünschte ich mir eine Art "spielerischer Einstieg", wo man zwangsweise alle Skills bereits besitzt und nutzen muss, aber ohne zu viel zu erklären. Ein kleiner Hinweis sollte schon genügen, denn der Spieler kann den Rest im eigentlichen Spiel für sich selbst herausfinden.
Versteht man dann den eigentlichen Sinn hinter den Skills, kann man sich viel besser für ein passendes Skillset entscheiden, mit dem man gerne spielen möchte. Ohne zu wissen wie Skills spielerisch angewendet werden können, wie sie wirklich vor Ort funktionieren und was deren "Impact" ist, würde meine Skillwahl auf blindem Raten basieren.

Achja und Erklärungen WARUM dein Feature so designt ist, wie es ist, gehört auch nicht in ein Tutorial. Genauso wenig wie jede zukünftige Eventualität. Nur das erklären, was vor Ort passiert, bitte.

(2) Crafting (etc.) übersichtlicher verpacken


Das Schmiede-System mag eine gute Idee sein, aber war wie so Einiges, nicht gut verpackt. Stellt euch vor, ihr habt in einem Raum mehrere "Geräte" herumzustehen, mit denen geschmiedet werden kann. Jedes Gerät steht für einen anderen Schritt in dieser Schmiedekunst. Leider verstand ich überhaupt nicht welches "Gerät" für welchen Schritt ist und es wurde auch nicht intuitiver, als ich bemerkte dass man Elemente zum Teil im eigenen Menü herstellen musste (was scheinbar entweder nicht erklärt wurde oder unter einem Berg an Infos verloren ging).

Diese Spaltung war völlig unnötig und ist verwirrend. Ich hätte mir gewünscht, dass ausschließlich die Crafting-Geräte diese Aufgabe erfüllen sollten. Mit eindeutigem Aussehen für eindeutige Aufgaben.

Beispiele:
- Ein Tisch auf dem Hammer und Zange liegen um Ausrüstung zu zerlegen
- Ein Schmelzofen um aus Erzen verarbeitbares Material zu gewinnen
- Ein Amboss um Ausrüstung zu schmieden. Eventuell mit Zwischenschritten, wo man Eisen in einem Zusatzofen heiß machen, dann auf dem Amboss schmieden und dann im Wasser erkalten/löschen muss.
- Ein Gerbgestell um aus Rohleder gegerbtes Leder zu gewinnen

Wenn diverse Reihenfolgen anfänglich nicht klar sind, kann man dem Spieler auch mit Pfeilen oder blinkenden Objekten die Reihenfolge beibringen. Dadurch muss er sich auch nicht den Inhalt von Messageboxen merken und alles wirkt professioneller und spielerfreundlicher.

Achja und man sollte Schmieden vielleicht auch erst lernen, wenn man bei einem Schmied ist. Nicht quasi in den "Voreinstellungen".

(3) Mechanisch & Gekünstelt & Langsam


Nachdem die eigentliche Geschichte nach einer Stunde endlich begann, war der überfordernde Ersteindruck gewonnen und der Plot hätte schnell in die Gänge kommen sollen. Doch es begann langsam, wofür es allerdings schon zu spät war.
Der Protagonist Vigil hätte hier durch einen deutlich interessanten Charakter herausstechen können, was er leider nicht tat. Genau genommen bin ich mir nicht sicher was seine Persönlichkeit überhaupt war. Seine Schwester Nikki war hingegen wesentlich interessanter, denn sie wusste mehr als er, konnte mehr als er und war schlichtweg lebendiger.

Nichts desto trotz waren Interaktionen mit der Umgebung recht gekünstelt und nicht so, wie sich echte Menschen unterhalten würden. Es half leider nicht, dass manche Gespräche effektiv nirgendwo hinführten und dennoch zu lange gehalten wurden.
Dies gipfelte im besten Beispiel, als Vigil am Hafen meinte: "Hey, Seeleute" und plötzlich brach eine pseudohumoristische Eskapade unter den Seeleuten aus, die keinen Sinn ergab. Ich habe nach wie vor keine Ahnung was der Witz gewesen sein soll oder warum man das so ausufern musste. Man muss nicht zwingend Gags in seine Szenen pressen.

Prinzipiell sind viele Dialoge recht lang, obwohl der eigentliche Plot noch nicht startete. Ich wusste nicht einmal was der Zweck von mir (bzw. Vigil) war und muss mich in erzwungene Dialoge reinhängen, deren Sinn sich mir nicht ergab. Ohne erkennbaren Faden an dem man sich klammern kann, wirkt das alles recht zufällig und zusammenhangslos.


tl;dr


Das massivste Problem war im Wesentlichen die langgezogene unspannende Einleitung. Das eigentliche Spiel sollte nicht nach 1 Stunde beginnen. Einleitungen gehören möglichst kurz und knackig und notwendige Tutorials & Erklärungen kann man noch immer ins spätere "echte Spiel" einbauen. Doch selbst dann, bitte knackig und in Harmonie mit dem Plot. Denn der Plot selber kam selten vorwärts, da er ständig von Erklärungen unterbrochen wurde. Ein roter Storyfaden war durch diesen fehlenden Fokus auf das Wesentliche leider nicht zu erkennen.

Das Spiel soll mittlerweile etwas anders sein, aber das sind die wesentlichen Punkte, die mich damals störten. Die Prämisse war gut, aber die umliegenden Elemente bräuchten mehr Feingefühl.
Im Folgenden ein paar meiner Artikel, die helfen könnten:

Intuitive Tutorials & Spielerführung
Natürliche Dialoge
Charaktere entwerfen
Design im Kleinen, Design fürs Auge
Nieder mit Expositionen
Character Voice
Pacing

Das sollten alle passenden Artikel sein.

MfG, MG

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